Gelebtes Europa

Das Kulturdenkmal Historisches Bahnbetriebswerk Hanau, mit seinen beiden Drehscheiben, Lokschuppen und dem im Wiederaufbau befindlichen Rechteckschuppen, war am Christi Himmelfahrtswochenende Schauplatz einer bemerkenswerten europäischen Zusammenarbeit, die Eisenbahnfreunde aus drei Ländern zusammenbrachte.

Der Verein Stoom Stichting Nederland aus Rotterdam organisierte an Christi Himmelfahrt eine Dampfzugfahrt von Rotterdam ins Rhein-Main-Gebiet. Der Dampfschnellzug wurde von Rotterdam bis an die deutsch-niederländische Grenze von der Dampflok 23 023 gezogen, im Grenzbahnhof Venlo sollte die Schnellzugdampflok 01 1075 den Zug übernehmen und diesen durch das malerische Mittelrheintal bis nach Wiesbaden Hbf ziehen. Aufgrund eines kurzfristig aufgetretenen Schadens an der Dampflok wurde der Zug von einer historischen E-Lok von Venlo nach Wiesbaden gezogen. Die Museumseisenbahn Hanau e. V. übernahm den Zug in Wiesbaden Hbf.  Von dort aus brachte sie den Zug mit der letzten noch aktiven luxemburgischen Staatsbahndampflokomotive „5519“, derzeit zu Gast im historischen Bahnbetriebswerk Hanau, mit über 350 niederländischen Fahrgästen nach Frankfurt Hbf. Der Zug fuhr leer weiter nach Hanau und die Lokomotiven rückten in das historische Bahnbetriebswerk Hanau ein.

Im historischen Bahnbetriebswerk Hanau wurden die Wagen der niederländischen Gäste abgestellt und gereinigt und die luxemburgische Dampflok mit Wasser und Kohle versorgt. Der Betrieb von Dampflokomotiven ist von jeher personalintensiv: Viele ehrenamtliche Helfer aus den drei Nationen widmeten sich der Pflege der Lokomotive und versorgten beispielsweise die dutzenden Schmierstellen der Lokomotiven mit frischem Öl.

Am folgenden Tag bot die Museumseisenbahn Hanau e. V. einen Sonderzug für die niederländischen Fahrgäste von Frankfurt Hbf über Aschaffenburg und Miltenberg nach Wertheim und zurück an, gezogen von der luxemburgischen Dampflok 5519 und bestehend aus vereinseigenen Umbauwagen aus den 1950er und 60er Jahren.

Am 11. Mai 2024, kehrten die niederländischen Fahrgäste mit einem spektakulären Dampfzug zurück nach Rotterdam. Die Rückfahrt wurde von luxemburgischen Dampflok 5519 gezogen. Die Route führte von Frankfurt Hbf über den Taunus und das Lahntal nach Brohl am Rhein, wo die Dampflokomotive vom Zug ging und die historische E-Lok den Zug weiter bis zum Grenzbahnhof Venlo bespannte. Die luxemburgische Dampflok 5519 kehrte von Brohl ins historische Bahnbetriebswerk Hanau zurück.

Marvin Christ, zuständig für die betriebliche Durchführung und Planung bei der Museumseisenbahn Hanau e. V., erinnert sich an die Anfrage der niederländischen Kollegen vor über einem Jahr, die zu dieser Zusammenarbeit führte. Er betonte die Herausforderungen der Planung und Organisation, da große Dampflokfahrten in Deutschland selten geworden sind und die notwendige Infrastruktur oft fehlt.

So musste für die Wasserversorgung der Dampflokomotive unterwegs beispielsweise auf örtliche Feuerwehren zurückgegriffen werden, da es im Streckennetz der Deutschen Bahn AG keine geeigneten Entnahmestellen für die Versorgung von Dampflokomotiven mehr vorgehalten werden.

André Labes, erster Vorsitzender der Museumseisenbahn Hanau e. V., hob die Bedeutung des historischen Bahnbetriebswerks Hanau als Kulturdenkmal hervor und betonte dessen Rolle bei der Versorgung und Präsentation historischer Dampflokomotiven. Im Kontext der dreitägigen Veranstaltung wurden über 1.100 Kilometer zum Teil „mit Dampfkraft“ zurückgelegt, der Mittelpunkt all dessen war dabei Hanau.

Daniel Brüser, Schriftführer und Zugführer bei der Museumseisenbahn Hanau e. V., lobte die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den (ehrenamtlichen) Museumseisenbahnern aus drei europäischen Nationen. Hierin zeigt sich, dass eine europäische Zusammenarbeit über die deutschen Grenzen hinaus funktioniert und die europäischen Freunde der (Dampf-) Eisenbahn zusammenbringt.